Was ist eine eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Faktoren?
Seit 2013 müssen Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen / Faktoren durchführen. Doch wie funktioniert eine Gefährungsbeurteilung in der Praxis und wie setzt man eine solche Gefährdungsbeurteilung erfolgreich um?
Der folgende Beitrag liefert alle wichtigen Informationen zum Thema und gibt Hinweise, wie Unternehmen ihre gesetzliche Verpflichtung erfüllen können.
ls zentrales Element des betrieblichen Arbeitsschutzes erfasst die Gefährdungsbeurteilung alle Gefährdungen, denen die Mitarbeiter bei Ausüben ihrer beruflichen Tätigkeit ausgesetzt sind. Das können körperliche, aber auch technisch-stoffliche Gefährdungen der Gesundheit sein.
Seit dem Jahr 2013 sind Arbeitgeber verpflichtet, in der Gefährdungsbeurteilung auch psychische Belastungen zu ermitteln und zu bewerten. Die entsprechende Gesetzesänderung findet sich in § 5 Abs. 6 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Klar ist: Arbeit jeder Art bringt physische und psychische Belastungen mit sich. Beide sind bis zu einem gewissen Grad durchaus wünschenswert. Doch wann beginnt die psychische Belastung, die Gesundheit zu beeinträchtigen? Psychische Belastungen am Arbeitsplatz können viele Formen annehmen und betreffen zum Beispiel die Arbeitsintensität, die Länge und Lage der Arbeitszeit, die soziale Unterstützung sowie Umgebungsfaktoren wie Lärm und Beleuchtung. Gesundheitsbeeinträchtigende Wirkungen zeigen sich zum Beispiel bei andauerndem hohen zeit- und leistungsbezogenen Anforderungen oder bei umfangreichen Überstunden und ungünstig gestalteter Schichtarbeit.
Auch häufige Konflikte, soziale Drucksituationen und eine zu geringe oder zu hohe Zahl sozialer Kontakte kann die Psyche gesundheitsgefährdend belasten. Weitere Möglichkeiten sind häufige Störungen und Unterbrechungen bei der Arbeit, eine hohe Taktbindung sowie eine starke emotionale Inanspruchnahme des Arbeitnehmers. Letztere zeigt sich vor allem in Berufen, die durch emotional stark mitnehmende Erlebnisse – zum Beispiel Tod oder schwere Erkrankungen – geprägt sind. Auch das ständige Eingehen auf die Bedürfnisse anderer – beispielsweise von Patienten oder Schülern – kann die Psyche negativ belasten.
Bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen handelt es sich also um ein wichtiges Instrument des Arbeitsschutzgesetzes. Arbeitgeber werden auf diese Weise verpflichtet, die Arbeitsumgebung ihrer Angestellten so zu gestalten, dass gesundheitliche Gefährdungen möglichst vermieden werden. Dafür ist der Arbeitgeber angehalten, zunächst alle relevanten Gefährdungen zu ermitteln und anschließend eine Beurteilung möglicher Gegenmaßnahmen zu erstellen. Wenn nötig, muss er die erforderlichen Maßnahmen danach durchführen und ihre Wirksamkeit überprüfen.
Die Gefährdungsbeurteilung trägt nicht nur dazu bei, Arbeit menschengerechter zu gestalten, sondern fördert auch die Gesundheit, die Motivation und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten. Ihr Ziel ist es, Risiken und Störungen sowie Konflikte am Arbeitsplatz durch entsprechende Maßnahmen zu vermeiden. Dafür nimmt sie nicht nur die Arbeitsaufgaben und -abläufe der Beschäftigten in den Blick, sondern widmet sich auch der Betrachtung der sozialen Beziehungen.
Übrigens: Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, eine gesonderte Gefährdungsbeurteilung für psychische Belastungen zu erstellen. Statt die Gefährdung durch psychische Belastungen in einem eigenen Prozess zu ermitteln, können Unternehmen sie in die bereits existierenden Prozesse der Gefährdungsbeurteilung integrieren. Am Ende steht also eine Beurteilung aller mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen für die physische und psychische Gesundheit.
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen?
Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber zwar die Verantwortung für die Organisation und Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung trägt, er diese aber nicht selbst durchführen muss. Stattdessen hat er laut § 13 Abs. 2 ArbSchG die Möglichkeit, sie fachkundigen Personen zu überlassen.
Betriebs- beziehungsweise Personalrat genießen bei der Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung Mitbestimmungsrechte. Der Gesetzgeber weist außerdem darauf hin, dass die Verantwortlichen für Arbeitssicherheit sowie die Betriebsärzte als fachliche Beratung bei der Vorgehensweise dienen können. Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV-Vorschrift 2) ist es Aufgabe der Fachkräfte für Arbeitssicherheit, ihren Arbeitgeber sowie den Betriebs- oder Personalrat bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung zu unterstützen (ASiG, DGUV Vorschrift 2).
Bei der Gefährdungsbeurteilung geht es immer um die Beurteilung der Gestaltung der Arbeitsbedingungen – nicht um die allgemeine psychische Verfassung beziehungsweise Gesundheit der einzelnen Beschäftigten. Ziel ist es schließlich, gesundheitliche Risiken durch die psychische Belastung auf der Arbeit zu reduzieren.
Eine Rolle spielen in diesem Kontext nicht nur die Arbeitsinhalte, die Arbeitsumgebung und die Organisation der Arbeitszeit, sondern auch die sozialen Beziehungen auf der Arbeit (zum Beispiel im Kollegium oder zum Vorgesetzten). Welche Aspekte im Einzelnen berücksichtigt werden müssen, ist in der Liste „Merkmalsbereiche und Inhalte der Gefährdungsbeurteilung“ nachzulesen. Auf diese haben sich die Träger der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) geeinigt.
Wer muss eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchführen und in welchem Turnus?
Die Pflicht, eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zu erstellen, gilt für alle Unternehmen mit wenigstens einem sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter. Zwar kann der Arbeitgeber die Durchführung der Beurteilung an Dritte abtreten – die rechtliche Verantwortung für ihre Umsetzung liegt jedoch nach wie vor bei ihm. Außerdem verpflichtet ihn das Gesetz dazu, den Prozess zu kontrollieren.
Was ist, wenn ein Unternehmen alle Maßnahmen und Schritte umgesetzt hat, um die Arbeitssicherheit seiner Mitarbeiter hinsichtlich psychischer Belastungen zu gewährleisten? Das deutsche Arbeitsschutzgesetz gibt keine Fristen für eine regelmäßige Wiederholung der Gefährdungsbeurteilung vor. Da Unternehmen aber keine statischen Gebilde sind, sollten die vorhandenen Gefährdungsbeurteilungen aber von Zeit zu Zeit geprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Schließlich kommt es im Betrieb immer wieder zu kleinen und großen Veränderungen, neue Stellen werden geschaffen oder neue Arbeitsabläufe oder -instrumente eingeführt. Oft zeigen sich auch erst im Arbeitsalltag Gefährdungspotenziale, die bisher noch nicht als solche erkannt wurden.
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen sowie die mit ihr verbundenen betrieblichen Arbeitsschutzmaßnahmen müssen also immer wieder an die sich verändernden Gegebenheiten im Betrieb angepasst werden. Hierbei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen betrieblichen Veränderungen und Neuerungen. Treten erstere ein, müssen Gefährdungsbeurteilungen nicht vollständig neu durchgeführt werden. Stattdessen kann man sich die jeweiligen betrieblichen Veränderungen und Gefährdungen konzentrieren. Bei letzteren – beispielsweise der Einführung neuer Arbeitsmittel, -techniken oder -abläufe – muss der Prozess der Gefährdungsbeurteilung erneut durchlaufen werden.
Die Aktualisierung beziehungsweise Fortschreibung von Gefährdungsbeurteilungen sollte bei folgenden Anlässen stattfinden:
– Erkennen von Gefährdungen im Betrieb, die bisher nicht als solche erkannt wurden
– Auftreten neuer Gefährdungen oder Gefährdungspotenziale
– Veränderung der betrieblichen Gegebenheiten hinsichtlich Gesundheit und Sicherheit, zum Beispiel bei Umgestaltung von Arbeits- und Verkehrsbereichen, Änderung der Arbeitsorganisation, Verwenden anderer Arbeitsstoffe und Maschinen, Instandsetzungsmaßnahmen
– Einrichtung neuer Arbeitsplätze und -stätten (jeweils vor Aufnahme der Tätigkeit)
– nach Arbeitsunfällen und Berufserkrankungen
– nach Fehlzeiten infolge arbeitsbedingter Gesundheitsbeeinträchtigungen
Was muss ein Unternehmen tun, um eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zu erstellen?
Arbeitgebern ist es erlaubt, die Gefährdungsbeurteilung selbst durchzuführen oder geeignetes Fachpersonal mit der Umsetzung zu beauftragen. Unternehmen können dafür auch auf die Unterstützung von SQC-QualityCert in Anspruch nehmen. Auch im Rahmen einer Zertifizierung z.B. als Top Arbeitgeber (DIQP) kann eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchgeführt werden.
Das Arbeitsprogramm Psyche der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) stellt „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ zur Verfügung. Die Empfehlungen sehen für die Gefährdungsbeurteilung und ihre Methodik insgesamt sieben Prozessschritte vor, innerhalb derer sich die Beurteilungen deutscher Arbeitgeber bewegen sollten. Die Broschüre richtet sich an Unternehmen und betriebliche Arbeitsschutzakteure, dient aber auch beispielsweise dem DIQP als Grundlage für seine Arbeit.
Um eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen zu erstellen, sind folgende Schritte zu planen und durchzuführen:
Schritt 1: Festlegen von Tätigkeiten und Bereichen, für die die Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird
Schritt 2: Ermittlung der psychischen Belastung der ausgeführten Tätigkeiten
Schritt 3: Beurteilung der psychischen Belastung
Schritt 4: Entwickeln und Umsetzen von Maßnahmen
Schritt 5: Wirksamkeitskontrolle der umgesetzten Maßnahmen
Schritt 6: Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung (im Falle von Veränderungen und Neuerungen)
Schritt 7: Dokumentation
1. Festlegen von Tätigkeiten und Bereichen
Zunächst muss der Arbeitgeber Tätigkeiten beziehungsweise Bereiche definieren, die im Folgenden zu beurteilen sind. Tätigkeiten und Bereiche, deren Arbeitsbedingungen sich hinsichtlich der psychischen Belastung ähneln, können als eine Einheit behandelt werden. Ein Hinweis: Die Einheiten entsprechen nicht zwangsläufig denen für die Beurteilung anderer Gefährdungsfaktoren.
Für die Bildung der jeweiligen Einheiten muss stets eine nachvollziehbare Begründung vorliegen. Daher ist es wichtig, sich zuallererst einen Überblick über Arbeitsbereiche und Tätigkeiten im Unternehmen zu verschaffen. Hilfestellung bieten beispielsweise Übersichten zum Aufbau und den Abläufen im Unternehmen sowie Tätigkeitsbeschreibungen.
Die einzelnen Einheiten können auf verschiedenen Ebenen – beispielsweise der Tätigkeitsebene sowie auf Ebene der Arbeitsorganisation – gebildet werden. Das liegt daran, dass Art und Ausmaß der psychischen Belastung sowohl von der Art der Tätigkeit (zum Beispiel Arbeitsintensität) als auch von der Arbeitsorganisation (zum Beispiel soziale Beziehungen zu Kollegen und Vorgesetzten) abhängt und sich auf beiden Ebenen voneinander unterscheiden kann.
Merkmalsbereiche zur Einordnung sind die Arbeitsumgebung, die Arbeitsaufgaben, die Arbeitsorganisation, soziale Beziehungen und die Arbeitsanforderungen. Sie sollten sich in einem ersten Schritt das Organigramm des Unternehmens ansehen. Anschließend sollten Sie prüfen ob die Einordnungen aus dem Organigramm übernommen werden können. Eventuell sind Anpassungen vorzunehmen. Diese kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Organigramm zum Beispiel den Bereich Vertrieb als eine Abteilung definiert. Dieser kann jedoch in der Praxis auch zwei unterschiedlichen Bereichen bestehen. Dies kann der Vertrieb aus dem Innendienst und dem Außendienst bestehen. Die Aufgaben werden sich also ganz deutlich unterscheiden, so dass man dies auch berücksichtigen muss.
Demnach lassen sich folgende Einheiten bilden:
– Berufsgruppen wie ambulante Pflege, Tischler, Busfahrer im ÖPNV
– Arbeitsbereiche wie Verwaltung, Lager, Produktion, Außendienst, Baustelle
Eine weitere Einordnung wäre in die Bereiche: Marketing, Vertriebsinnendienst, Vertriebsaußendienst, Produktion und Kundenservice möglich.
2. Ermittlung der psychischen Belastung der ausgeführten Tätigkeiten
Nun muss die psychische Belastung ermittelt werden, die mit der Ausübung der definierten Tätigkeiten und Bereiche einhergeht. Um alle Belastungsfaktoren in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen, beschäftigt man sich intensiv mit den konkreten Anforderungen der Tätigkeit und den jeweiligen Arbeitsbedingungen. Relevante Schlüsselfaktoren, die branchen- und tätigkeitkeitsübergreifend eine Rolle spielen und daher in der Gefährdungsbeurteilung grundsätzlich zu berücksichtigen sind, sind die Gestaltung der Arbeitsintensität und -zeit, persönliche Handlungsspielräume und soziale Beziehungen sowie die Gestaltung der Arbeitsumgebung, vor allem die Lärmbelastung.
Bei der Ermittlung geht man wie folgt vor:
Bestandsaufnahme:
Dieser erste Schritt besteht darin, alle vorhandenen Informationen zur psychischen Belastung der Arbeit in den definierten Tätigkeitsbereichen zusammenzutragen. Nützliche Informationen ergeben sich beispielsweise aus anderen Gefährdungsbeurteilungen sowie bereits durchgeführten Mitarbeiterbefragungen. Häufig gibt es auch bereits Informationen zu Qualitätsmängeln, Fehlzeiten, Fluktuation, Beschwerden und Gesundheitsbeschwerden. Diese können auch bei der Entscheidung helfen, in welchen Tätigkeiten und Bereichen die Gefährdungsbeurteilung zuerst durchgeführt werden soll.
Vorgehensweisen auswählen:
Sollten Informationen zu psychischen Belastungsfaktoren fehlen oder nicht mehr aktuell sein, sind sie neu zu erfassen. Dafür bieten sich verschiedene Vorgehensweisen – teils auch im Kombination miteinander – an. Welche davon für den konkreten Fall passend ist, hängt von den spezifischen Gegebenheiten und Erfahrungen im Betrieb sowie von den jeweiligen Vor- und Nachteilen der einzelnen Vorgehensweisen ab.
Mitarbeiterbefragungen:
Solche Befragungen eignen sich besonders gut, um herauszufinden, ob und welche Belastungen es gibt. Außerdem erleichtern sie die Aufgabe, alle Beschäftigten in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.
Ergeben sich durch die Befragungen Hinweise auf Gefährdungen, müssen diese in der Folge – beispielsweise durch Beobachtungsinterviews oder Workshops – konkretisiert werden.
Ein Muster für eine solche Befragung der Beschäftigten finden Sie hier im KFZA (Fragebogen zur Arbeitsanalyse). Diese Befragung besteht aus 26 Fragen und dient der Beurteilung der Arbeitssituation.
Beobachtung/ Beobachtungsinterviews:
Dieses Vorgehen übernehmen entweder externe Experten oder aber speziell geschulte Führungskräfte, Betriebs- oder Personalräte sowie Fachkräfte für Arbeitssicherheit. Sie stellen Beobachtungen der jeweiligen Tätigkeit an und ergänzen diese häufig um Interviews mit den Beschäftigten. Zwar bieten Beobachtungen die Chance, die Arbeitsbedingungen unabhängig von den subjektiven Sichtweisen der Arbeitnehmer zu erfassen. Dafür sind sie – gerade in großen Betrieben – recht zeitaufwendig. Führt man Beobachtungen und Interviews lediglich als Grobanalyse durch, sind häufig weitergehende Analysen (zum Beispiel durch intensivere Interviews) erforderlich.
Workshops:
Analyseworkshops dienen ebenfalls dem Erfahrungsgewinn und eignen sich vor allem für kleine Betriebe. Ziel ist es, das Erfahrungswissen der Beschäftigten zu nutzen, um psychische Belastungen am Arbeitsplatz differenziert zu beschreiben. Voraussetzungen sind eine offene Gesprächskultur und eine vertrauensvolle Atmosphäre im Unternehmen. Sofern diese Bedingungen gegeben sind, bieten Analyseworkshops eine gute Möglichkeit, psychische Belastungen bei der Arbeit differenziert zu beschreiben und gegebenenfalls Maßnahmenvorschläge zu entwickeln.
Instrumente auswählen:
Jede der beschriebenen Vorgehensweisen arbeitet mit einer Reihe von Instrumenten. Bei der Auswahl kommt es auf die betrieblichen Rahmenbedingungen wie die Größe und Branche sowie auf die Art der Arbeitsanforderungen an. Manchmal ist auch ein stufenweises Vorgehen sinnvoll. Ziel ist immer, dass die eingesetzten Vorgehensweisen und Methoden geeignet sind, die Arbeitsbedingungen realistisch zu beurteilen und sämtliche psychischen Belastungsfaktoren zu erfassen. Vor- und Nachteile der Instrumente sind hinsichtlich der eigenen Anforderungen abzuwägen. Hilfestellung bei der Auswahl der passenden Instrumente bieten die „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ der GDA.
3. Beurteilung der psychischen Belastung
Das Gesetz sieht für viele Belastungsfaktoren keine konkreten rechtlichen Maßnahmen vor. Die grundlegende Forderung lautet lediglich, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Angestellten zu sichern und zu verbessern. Berücksichtigung sollen hierbei laut § 4 Abs. 3 ArbSchG arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse wie der neueste Stand der Technik, Hygiene und Arbeitsmedizin finden.
Die Beurteilung, ob Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich sind und welche dies sein können, erfolgt in der Regel im Rahmen eines Soll-Ist-Vergleichs. Unter anderem stehen dafür folgende Verfahrensweisen zur Verfügung:
Instrumente, die Kriterien (zum Beispiel Schwellenwerte) für gesundheitlich relevante Ausprägungen der psychischen Belastung zur Verfügung stellen. Ob Maßnahmen erforderlich sind oder nicht, ist auf der Grundlage arbeitswissenschaftlich begründeter Kriterien festgelegt.
Empirische Vergleichswerte:
Bei diesem Verfahren dienen Abweichungen der ermittelten Belastung vom gewählten Vergleichswert als Hinweise auf Veränderungserfordernisse. Wenn vorhanden, können betriebsinterne oder externe empirische Vergleichswerte genutzt werden – zum Beispiel aus Betrieben derselben Branche oder aus anderen Abteilungen des Unternehmens.
Workshop:
In diesem Format kommen Beschäftigte, der Betriebs- oder Personalrat sowie interne und externe Experten zusammen, um zu besprechen, ob Gestaltungsmaßnahmen erforderlich sind oder nicht. Besonders empfehlenswert ist diese Vorgehensweise,
wenn zuvor schon die Ermittlung der psychischen Belastung in Workshops stattgefunden hat.
4. Entwickeln und Umsetzen von Maßnahmen
Die Beurteilung der psychischen Belastung hat ergeben, dass Maßnahmen erforderlich sind? In diesem Fall müssen die entsprechenden Maßnahmen aus den Ergebnissen der Beurteilung abgeleitet und umgesetzt werden. Dabei muss sich der Arbeitgeber an § 4 ArbSchG halten und die Arbeitsbedingungen so gestalten, dass eine Gefährdung für die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden beziehungsweise gering gehalten wird.
Die mit der Belastung einhergehenden Gefahren sind zu bekämpfen. Dabei sind Maßnahmen zu bevorzugen, die sich auf die allgemeinen Arbeitsverhältnisse – beispielsweise Strukturen, Prozesse, Tätigkeiten – beziehen. Individuelle Schutzmaßnahmen, die auf das Verhalten der Arbeitnehmer abzielen, spielen eine untergeordnete Rolle.
Zwar sollte die Umsetzung der Maßnahmen zeitnah erfolgen, sie kann aber auch schrittweise angegangen werden. Gerade bei mehreren Problemfeldern ist es empfehlenswert, nicht alle gleichzeitig zu bearbeiten, sondern Prioritäten zu setzen.
5. Wirksamkeitskontrolle
Gesetzmäßige Pflicht des Arbeitsgebers ist es auch, die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen zu überprüfen (§ 3 ArbSchG). Hat sich die psychische Belastungssituation in der gewünschten Weise verändert? Wurden beispielsweise Maßnahmen zur Reduzierung von Unterbrechungen bei der Arbeit getroffen, sollte nach einer angemessenen Zeitdauer geprüft werden, ob sich die Zahl der Unterbrechungen tatsächlich verringert hat.
Für eine zuverlässige Wirksamkeitskontrolle kann beispielsweise eine Befragung der jeweils betroffenen Beschäftigten und Führungskräfte stattfinden. Neben Einzelinterviews sind solche Befragungen auch in Form von Workshops möglich, in denen positive und negative Einschätzungen diskutiert werden. Optional (oder zusätzlich) kann man Begehungen oder schriftliche Kurzbefragungen der Mitarbeiter durchführen.
Sollte die Wirksamkeitskontrolle negativ ausfallen, gilt es, zusätzliche oder andere
Maßnahmen zu entwickeln.
6. Fortschreibung
Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung muss sich auf die aktuellen Gegebenheiten im Betrieb beziehen. Wenn sich die zugrundeliegenden Gegebenheiten geändert haben, muss auch die Beurteilung aktualisiert werden. Weitere Anlässe für eine Aktualisierung sind neue Vorschriften des Arbeitsschutzes.
7. Dokumentation
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. (§ 6 ArbSchG). Aus dem jeweiligen Dokument muss klar hervorgehen, dass die Beurteilung fachgemäß durchgeführt wurde. Dokumentiert werden müssen also alle relevanten Punkte: das Ergebnis der Beurteilung der Gefährdungen, die Festlegung der erforderlichen Maßnahmen inklusive verantwortliche Personen und Termine, die Überprüfung der Wirksamkeit. Die Dokumentation kann in Papierform, aber auch digital erfolgen.