Arbeitgebersiegel: Undurchsichtig, intransparent und wirkungsvoll?

Arbeitgebersiegel: Undurchsichtig, intransparent und wirkungsvoll?

Heute findet man Arbeitgebersiegel in immer mehr Stellenanzeigen. Viele Bewerberinnen und Bewerber können mit einem Arbeitgebersiegel aber nur wenig anfangen. Warum dies so ist und was sich Verbraucher wünschen wenn es um ein Siegel geht, haben Studien herausgefunden.

Was ist ein Arbeitgebersiegel?

Ein Arbeitgebersiegel ist eigentlich ein Qualitätssiegel. Ein solches trifft Aussagen über die Qualität oder Güte eines Produktes oder einer Dienstleistung. Bei einem Arbeitgebersiegel geht es also um die Qualitäten eines Unternehmens als Arbeitgeber. Theoretisch kann jeder ein solches Siegel an Arbeitgeber vergeben.

Wie viele Arbeitgebersiegel gibt es?

Seit Jahren steigt die Anzahl an Arbeitgebersiegeln. Schätzungen des DIQP (Deutsches Institut für Qualitätsstandards und -prüfung e.V.) gehen von mehr als 500 verschiedenen Arbeitgebersiegeln in Deutschland aus. Solche Siegel werden von Unternehmen, Verbänden oder zum Beispiel von Vereinen vergeben. Dabei unterscheiden sich die Siegel ganz erheblich in den verschiedenen Verfahren wie diese vergeben werden.

Intransparenz bei Arbeitgebersiegeln als Geschäftsmodell?

Wie genau ein Arbeitgebersiegel vergeben wird ist in vielen Fällen unklar. Nur wenige Siegelgeber veröffentlichen die Kriterien, nach denen ein Arbeitgebersiegel vergeben wird. So existieren Arbeitgebersiegel, die auf einer Befragung der Beschäftigten beruhen. Bei manchen Arbeitgebersiegeln werden alle Beschäftigten befragt, bei anderen wiederum nur einige Beschäftigte.

Andere Arbeitgebersiegel basieren auf anonymen Internetbewertungen aus Bewertungsportalen. Hier kann jeder, jedes Unternehmen bewerten. Dabei ist nicht sichergestellt, dass nur echte Arbeitnehmer ihren Arbeitgeber oder ehemaligen Arbeitgeber bewerten. Auch können sich Arbeitgeber selbst bewerten und Ergebnisse sehr einfach manipulieren. Solche Internetbewertungen sind also weder valide, da nicht klar ist ob es sich Beschäftige oder ehemalige Beschäftigte handelt. Außerdem sind die Ergebnisse nicht repräsentativ, da man diese nicht verallgemeinern kann.

Bei Kundenbefragungen ist zudem bekannt, dass unzufriedene Kunden in der Regel deren Unzufriedenheit wesentlich häufiger kommunizieren als zufriedene Kunden. Wenn man diese auf Arbeitgeberbewertungen übertragen könnten, wäre dies eine zusätzliche Verzerrung im Ergebnis.

Wer bewertet Siegel in Deutschland?

In der immer stärker zunehmenden Siegelflut haben Verbraucher längst den Überblick verloren. Abhilfe schafft in diesem Fall das Verbraucherportal Label-online.de, welche staatlich finanziert wird. Dort bewertet man Siegel nach transparenten Kriterien.

Entscheidend ist, welchen Anspruch ein Siegel formuliert, wie unabhängig die Vergabe ist, welche Kontrollen vorgesehen sind und wie transparent der Vergabeprozess gestaltet ist. Auch wird untersucht, ob ein Siegel einem Unternehmen entzogen werden kann. Die bestmögliche Bewertung nennt sich dort „besonders empfehlenswert“.

Zu den als „besonders empfehlenswert“ bezeichneten Siegel gehören zum Beispiel die Zertifizierungen vom DIQP als „Top Arbeitgeber (DIQP)“ und als „Top Ausbildungsbetrieb (DIQP)“.

Wie erkenne ich seriöse Arbeitgebersiegel?

Leider ist es nicht so einfach, seriöse Arbeitgebersiegel zu erkennen. Eine erste Orientierung kann das Verbraucherportal Label-online.de bieten. Die Unterschiedlichkeit der Verfahren macht einen Vergleich schwer. Der Geschäftsführer des Marktforschungs- und Zertifizierungsunternehmens SQC-QualityCert, Oliver Scharfenberg sagt dazu,

„Für viele Verlage ist der Bereich Arbeitgebersiegel zu einem echten Geschäftsmodell geworden. Einige nutzen nicht valide und nicht repräsentative Internetbewertungen aus Bewertungsportalen und verteilen anschließend Arbeitgebersiegel an zahlreiche Unternehmen.

Für mich bestehen hochwertige Arbeitgebersiegel aus einer Befragung der Beschäftigten in einem Unternehmen durch ein unabhängiges Unternehmen. Außerdem sollten die Leistungen eines Arbeitgebers bewertet werden, um die subjektive Sicht der Beschäftigten und objektive Merkmale eines Unternehmens zu ergänzen.

Ein Arbeitgebersiegel, welches auf einer solchen Grundlage vergeben wurde, kann mehr als nur Aufmerksamkeit zu erregen. Es kann Unternehmen und Beschäftigten helfen, die Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verbessern. Außerdem zeigt es auch Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten, indem man diese in die Unternehmensentwicklung einbezieht.“

Was wünschen sich Verbraucher wenn es um Siegel geht?

Im Jahr 2016 führte die Verbraucher Initiative e.V. eine repräsentative Untersuchung durch. Dabei wurde untersucht, welche Wirkung Siegel auf das Verbraucherverhalten haben. Dabei ging es um Produktsiegel, dennoch sind die Ergebnisse sehr aufschlussreich. Die Fragestellung lautete: In welchem Maße müssen die folgenden Eigenschaften auf Produktsiegel zutreffen, damit sie ihre Kaufentscheidung beeinflussen? Dabei haben die Befragten die Glaubwürdigkeit (80%) als den wichtigsten Faktor bewertet, gefolgt von der Verständlichkeit (73%) und die Tatsache, dass eine unabhängigen Stelle geprüft hat (71%) und ein Siegel von einer unabhängigen Stelle vergeben wird (70%).

Eine weitere Studie vom Marktforschungsunternehmen Splendid Research hat im Jahr 2020 herausgefunden, welchen Einfluss der Siegelgeber auf das Vertrauen hat. Auf den vorderen Plätzen befinden sich zum Beispiel Siegel von staatlichen Organisationen aber auch private Testinstitut ohne Gewinnabsicht und Vereine. Weit abgeschlagen im Vertrauen sind hingegen private Testinstitut mit Gewinnabsicht auf dem letzten Platz. Auch die Wahl des richtigen Siegelgebers ist als von bedeutender Entscheidung, wenn es um das Vertrauen in ein Siegel geht.

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Oliver Scharfenberg CEO